Ruth Erdt

Ruth Erdt, Nicht zittern
Lars Müller Publishers, Zürich, 2017
ISBN 978-3-03778-540-9
Nicht zittern – wem gilt diese Ansage? Der Person vor der Kamera oder vielleicht derjenigen dahinter? Dem Körper des Objekts, der Hand der Fotografin? Der Titel des Buches benennt treffend das Moment der Nähe und Intimität zwischen den Akteuren, was später im Inhalt selbst weiter transportiert wird. Ruth Erdt hält nicht auf Distanz, weder sich selbst noch ihre Gegenüber. In der ersten Hälfte mittels ihrer Worte, in der zweiten mit ihren Fotografien holt sie die Lesenden ganz nah an ihre Linse und gibt tiefe Einblicke in ihre Fotografie, in das ihr eigene Wesen. Das Buch ist daher in doppelter Hinsicht ein Autoportrait. Die Worte und die Fotografien bilden eine Einheit, spiegeln ihren Gegenstand holografisch aus zwei Perspektiven, verflechten sich zu ein und derselben Geschichte. Sie sagt, in ihren Fotografien ginge es ihr auch darum, das bestehende Blickregime aus weiblicher Sicht zu hinterfragen. Mit ihrem Buch, das ihren Werdegang beschreibt, reflektiert sie zugleich ein Stück Fotografiegeschichte – der fundamentale Wechsel von der analogen zur digitalen Fotografie und dem Beginn der narzisstischen Bilderflut in den sozialen Medien – aus sehr persönlicher Sicht. Fotografie sei Denken. Jeder Blick ein Gedanke. [Alice Wilke]