Karin Sander und Philip Ursprung vertreten die Schweiz an der 18. Internationalen Architekturausstellung – La Biennale di Venezia
Zwei nationale Pavillons und eine zugleich verbindende wie trennende Mauer stehen im Zentrum des Projektes «Neighbours» von Karin Sander und Philip Ursprung für die Architekturbiennale 2023. Indem sie die Architektur selbst zum Exponat machen, eröffnen die Künstlerin und der Architekturhistoriker dem Publikum neue Perspektiven auf die territorialen Beziehungen innerhalb der Giardini der Biennale.
Nach einem offenen Wettbewerb hat die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia die Künstlerin Karin Sander und den Architekturhistoriker Philip Ursprung, die beide eine Professur an der ETH Zürich inne haben, mit der Ausstellung für die 18. Architekturbiennale beauftragt. Ihr Projekt «Neighbours» zeigt die räumliche und bauliche Nähe des Schweizer Pavillons zu seinem venezolanischen Nachbarn sowie die berufliche Verbundenheit der beiden Architekten, dem Schweizer Bruno Giacometti (1907-2012) und dem Italiener Carlo Scarpa (1906-1978).
Der von Bruno Giacometti entworfene Schweizer Pavillon eröffnete vor etwas mehr als 70 Jahren, im Juni 1952. In unmittelbarer Nachbarschaft entstand vier Jahre später der von Carlo Scarpa entworfene venezolanische Pavillon. Da die alten Platanen auf beiden Parzellen nicht gefällt werden durften, planten die Architekten ihre Gebäude um die geschützten Bäume herum. Die Mauern, Dächer und Aussenräume ihrer Bauten begegnen sich räumlich in nächster Nähe.
Karin Sander und Philip Ursprung heben die miteinander verbundenen Grundrisse hervor, in denen sich die bauliche Nachbarschaft der befreundeten Architekten verdichtet:
«Der Schweizer und der venezolanische Pavillon bilden ein Ensemble von aussergewöhnlicher architektonischer und skulpturaler Qualität. Dennoch werden sie aufgrund ihrer repräsentativen Funktion getrennt gedacht und entsprechend bespielt. Wir denken die Funktionen der beiden Pavillons und ihres Umraums neu, lösen ihre Grenzen mit künstlerischen Mitteln auf. So hinterfragen wir sowohl die räumliche, kulturelle und politische Abgrenzung als auch Konventionen nationaler Repräsentation. In einer utopischen Geste stellen wir dem Ort eine poetische Wirklichkeit gegenüber, die für einen Moment einer neuen Sichtweise Raum gibt», so Karin Sander und Philip Ursprung.
Der Direktor von Pro Helvetia, Philippe Bischof, zu dem Projekt:
«Indem sie sich auf das architektonische Erbe von Bruno Giacometti und Carlo Scarpa und auf die bauliche Geschichte der Biennale berufen, erforschen Karin Sander und Philip Ursprung die Architektur als eine eigenständige Form von Beziehungsarbeit. Ihre künstlerische Intervention bietet einen neuen Weg, Architektur auszustellen.»
Das Projektteam
Karin Sander ist Künstlerin und Professorin für Kunst und Architektur und Philip Ursprung Professor für Kunst und Architektur an der ETH Zürich.
Sander und Ursprung werden in der Umsetzung des Projekts «Neighbours» von der Managing Curator Sassa Trülzsch, vom Projektleiter Tobias Becker und von der Forscherin Berit Seidel unterstützt.
Biografien
Karine Sander
Karin Sander wurde 1957 in Bensberg, Deutschland, geboren. Neben ihrer Lehrtätigkeit an der ETH Zürich, wo sie die letzten 15 Jahren den Lehrstuhl für Architektur und Kunst am Departement für Architektur aufgebaut hat und die künstlerische Ausbildung der Studierenden verantwortet, ist Karin Sander mit ihren Werken weltweit in Ausstellungen präsent.
In ihrer künstlerischen Praxis hinterfragt sie gegebene Situationen in Bezug auf ihre strukturellen, sozialen und historischen Kontexte und macht sie unter Verwendung unterschiedlicher Medien sichtbar. Mit Installationen, architektonischen Interventionen, Skulpturen inszeniert sie Orte und schafft neue Codes für bestehende Systeme und Ordnungen. Ihre Arbeiten befinden sich in privaten und öffentlichen Sammlungen wie z.B. The Museum of Modern Art, New York und San Francisco (USA); The Metropolitain Museum, New York (USA); Museum Abteiberg, Mönchengladbach (D); Centro Galego de Arte Contemporanea, Santiago di Compostela (E); Kunstmuseum und Staatsgalerie Stuttgart (D); Nationalmuseum Osaka (Japan); Kunstmuseum St Gallen (CH); Kunst Museum Winterthur, (CH).
Karin Sander wird vertreten von Esther Schipper (Berlin, Deutschland); Galerie nächst St. Stephan Rosmarie Schwarzwälder (Wien, Österreich); i8 (Reykjavík, Island) und Helga de Alvear (Madrid, Spanien).
Philip Ursprung
Philip Ursprung wurde 1963 in Baltimore, USA, geboren. Philip Ursprung ist Kunsthistoriker und spezialisiert auf europäische und nordamerikanische Kunst und Architektur des späten 20. und 21. Jahrhunderts. Seine Forschung und Lehre konzentrieren sich auf die Wechselbeziehung zwischen Architektur und Kunst in einem politischen und wirtschaftlichen Rahmen.
Er ist als Historiker, Kritiker und Kurator tätig und hat u.a. an der Universität Zürich, der Hochschule der Künste Berlin, der Columbia University New York und dem Barcelona Institute of Architecture gelehrt. Er ist Professor für Kunst und Architektur an der ETH Zürich, wo er das Departement von 2017-19 als Vorsteher leitete.
Plus d’informations
Publikation
Die Ausstellung im Schweizer Pavillon wird von einer Publikation mit Essays und Fotografien begleitet (Verlag Park Books Zürich).
Begleitprogramm
Die Ausstellung im Schweizer Pavillon wird von einem diskursiven Begleitprogramm vor Ort und im Palazzo Trevisan degli Ulivi ergänzt. Die prominent besetzten Podien fragen u.a. nach zukünftigen Ausstellungsformaten für Architektur, der Zukunft der Architekturfotografie oder der Biodiversität in den Giardini der Biennale. Ebenfalls vertieft werden die Freundschaft von Bruno Giacometti und Carlo Scarpa und die nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen den Länderpavillons.
Die Schweizer Auftritte an der Architekturbiennale in Venedig
Die Biennale Architettura findet abwechselnd mit der Biennale Arte, alle zwei Jahre in Venedig statt. Die Schweiz nimmt seit 1920 an der internationalen Kunstausstellung sowie seit 1991 an der internationalen Architekturausstellung teil und hat ihren eigenen Pavillon in den «Giardini pubblici», dem Biennale-Park von Venedig. Seit 2012 ist die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia für den Schweizer Pavillon zuständig. Zwei von Pro Helvetia eingesetzte Jurys empfehlen jeweils der Direktion die Nominationen für die Schweizer Beiträge an den Kunst- und Architekturbiennalen in Venedig. Der Schweizer Pavillon in Venedig wurde vom Schweizer Architekten Bruno Giacometti entworfen und 1951/52 erbaut und ist im Besitz der Schweizerischen Eidgenossenschaft.
Kuration und Ausstellung
Karin Sander et Philip Ursprung
Kommissärin
Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia
Projektleiter: Sandi Paucic
Projektmanagerin: Rachele Giudici Legittimo
Weitere Informationen über den Schweizer Pavillon an der Biennale von Venedig