KALI Trio – Post-Lockdown Interview

KALI Trio
KALI repräsentiert den frischen und seriösen Geist einer neuen Generation von post-genre Musikern. Nicolas Stocker (Schlagzeug), Urs Müller (Gitarre) und Raphael Loher (präpariertes Klavier) sind bereits hellhörig in einer musikalischen Welt aufgewachsen in der New Minimal, Ambient, Noise und zeitgenössische klassische Kammermusik auf intuitive Weise verschiedene Dialekte einer gemeinsamen Sprache geworden sind. Sie fühlen sich gleichzeitig im komponierten als auch im frei improvisierten musikalischen Kontext heimisch und folgen so – frei von Ideologie, dafür mit einem umso breiteren Verständnis der Musikgeschichte.
Was haben Jazz Musiker und Musikerinnnen aus der Schweiz während des Lockdowns gemacht? Und wie geht es für sie weiter? Die Musiker des KALI Trio berichten von Ihren Exkursionen in die Welt des Yogas und was sie jetzt gerade beschäftigt. Pro Helvetia unterstützt KALI Trio im Rahmen der prioritären Jazzförderung.
«Der Lockdown hat viele interessante Fragen über den Wert der Kultur in der Schweiz aufgeworfen.»
Wie hat sich der Lockdown für euch gestaltet?
Raphael hat gefastet und kriegt nun dank Ashtanga Yoga sein Bein hinter den Kopf. Nicolas musste seine Freundin in Oslo zurücklassen und hat sich um seinen gebrochenen Ellbogen gekümmert. Urs hat seine Seele in den Wirren von Ableton verloren und hat mit 35 als letzter der Band angefangen, Yoga zu machen. Während dem harten Lockdown mussten wir uns mit wöchentlichen Zoom Meetings begnügen und konnten erst anfangs Mai wieder Musik zusammen machen. Wir sind im Feinschliff für unser zweites Album, welches wir im August aufnehmen werden und sehen langsam das Ende vom Tunnel. Zudem haben wir es ausgekostet, richtig viel Zeit für unser eigenes Instrument zu haben.
Welche Fragen haben euch während des Lockdowns beschäftigt?
Aktuell die in Amerika losgetretene Rassismus Debatte nach dem Tod von George Floyd. Wie kann man als weisser Jazz Musiker die Black Lives Matter Bewegung unterstützen und etwas an die afroamerikanische Kultur zurückgeben, auf die so viele unserer Einflüsse zurückgehen und uns als Musiker geprägt haben.
Der Lockdown hat zudem viele interessante Fragen über den Wert der Kultur in der Schweiz aufgeworfen. Als selbstständig erwerbende Musiker sind wir alle vom Veranstaltungsverbot betroffen. Dank des grossartigen Engagements von Sonart und Pro Helvetia konnten ein Teil der Ausfälle gedeckt werden. Es hat aber auch gezeigt, dass wir uns als Berufsgruppe noch stärker verbünden müssen, wenn wir als wichtiger Teil der Gesellschaft wahrgenommen werden wollen.
Welche Erfahrungen habt ihr mit neuen Formaten im Netz gesammelt?
Da Raphael seinen Flügel nicht nach Hause nehmen konnte, mussten wir während dem Lockdown auf Wohnzimmer Streams verzichten. Umso mehr freut uns die Einladung, im Rahmen von #ZüriStreamt im Moods am 2. August unser erstes Streaming Konzert zu spielen. Nicolas hat mit einem Zürcher Kollektiv, eine kuratierte Streaming-Plattform namens kapsel.space ins Leben gerufen, welche seit Anfang des Lockown hunderte Streams von Schweizer und internationalen Künstlern ausgestrahlt hat. Mit dem Digital-Festival “die Entkapselung” vom 19.-21. Juni, haben noch einmal über 40 Acts den Stream als Medium erforscht, auch in Zusammenarbeit mit Video Künstlerinnen und Künstlern und Visual Artists als Abschluss von kapsel.space.
Wie geht ihr mit der Unsicherheit um, die die anhaltenden Einschränkungen für die Musikwelt mit sich bringen?
Zu Beginn des Lockdowns sind wir davon ausgegangen, dass wir im 2020 keine Konzerte mehr spielen werden. Inzwischen hat sich aber gezeigt, dass auch die Veranstalter sehr offen für Schweizer Acts sind. So entsteht doch wieder Hoffnung, dass ab dem Herbst die Clubs wieder öffnen und somit die Musik und Kulturszene wieder vorwärts schauen kann.
Was bleibt? Gibt es etwas das ihr aus dieser Zeit in die Zukunft mitnehmen wollt?
Mehr Ruhe…